top of page
Das Orchester

Das Zupforchester Luzern (ZOL) wurde im Jahr 1900 gegründet und ist seither ein fester Bestandteil der vielfältigen Musiklandschaft am Ufer des Vierwaldstättersees. Neben Gitarren und Mandolinen bereichern auch seltene Instrumente wie Mandolen, das Liuto cantabile (auch als Mandoloncello bekannt) und eine Bassgitarre das Orchester.

 

Aus dem traditionsreichen Mandolinistenclub Margherita hervorgegangen, hat sich das Orchester im Laufe der Zeit zu einem facettenreichen Ensemble entwickelt. Sein Repertoire reicht von barocken Meisterwerken bis hin zu moderner und experimenteller Zupfmusik. Zahlreiche Uraufführungen, internationale Konzertreisen und kreative Kooperationen mit Chören und anderen Musikgruppen zeugen von der künstlerischen Bandbreite und dem kulturellen Engagement des Zupforchesters Luzern.

Unsere Reise

Gegründet im Geiste der Romantik

Aus den vielfältigen Strömungen der mittelalterlichen Lautenmusik hervorgegangen, erlebte die Mandoline in der Epoche des Barock ihre Blüte. Komponisten wie Johann Adolph Hasse, Georg Friedrich Händel und Antonio Vivaldi schrieben Werke, in denen sie der Mandoline eine prominente Solorolle zusprachen. Auch in der Klassik blieb das Instrument gefragt – man denke nur an die zarte Begleitung von Don Giovannis Liebeslied „Deh, vieni alla finestra“ in Mozarts gleichnamiger Oper.

 

Mit dem Wandel des musikalischen Geschmacks geriet die Mandoline zunehmend in den Hintergrund. Erst im 19. Jahrhundert, als sich die Romantik verstärkt auf volksmusikalische Traditionen besann, begann ihre Wiederentdeckung. In Oberitalien entstanden zahlreiche Mandolinenquartette – mit Erster und Zweiter Mandoline, Mandola und Gitarre –, die bald überregional auftraten und in ganz Europa konzertierten.

Ab etwa 1870 fanden grössere Ensembles immer mehr Anklang, insbesondere durch ihre Fähigkeit, mit dem charakteristischen Tremolo den Klangidealen der Zeit gerecht zu werden. Ein Höhepunkt dieser Entwicklung war ihr Auftritt auf der Weltausstellung in Paris 1878. Dort begeisterten sie nicht nur das Publikum, sondern inspirierten auch innovative Instrumentenbauer wie Vinaccia, Embergher und Calace, deren technische Weiterentwicklungen internationale Anerkennung fanden.

Neben Bearbeitungen bekannter Werke – etwa Opernouvertüren, Märschen, Walzern oder volkstümlichen Melodien – widmeten sich die italienischen Mandolinenensembles vor allem romantischer Originalmusik. Ihr Repertoire und Stil fanden rasch Nachahmer nördlich der Alpen: In vielen Städten entstanden Orchester mit klangvollen italienischen Namen, die sich Gruppo, Circolo oder ähnlich nannten.

Auch in Luzern schloss sich im Jahr 1900 eine Gruppe von knapp zwei Dutzend Männern zusammen, um unter dem Namen Mandolinistenclub Margherita gemeinsam zu musizieren – der Name sollte vermutlich eine Hommage an die damals hochverehrte italienische Königin Margherita sein. Ein Teil der Gründungsmitglieder stammte aus der italienischsprachigen Schweiz, während der Vorstand überwiegend aus der Luzerner Kaufmanns- und Beamtenschicht zusammengesetzt war.

Aufschwung in der Zwischenkriegszeit

​Der Erste Weltkrieg (1914–1918) brachte die musikalische Entwicklung des jungen Vereins nahezu zum Stillstand. Doch in den kulturell aufblühenden 1920er-Jahren erlebte die Mandolinenmusik einen regelrechten Aufschwung. Neue Mitglieder stiessen zum Ensemble, das sich personell und musikalisch weiterentwickelte.​

Während Mandoline und Gitarre vor dem Krieg noch als Ausdruck jugendlicher Freiheitsliebe und als Gegenbewegung zur bürgerlich-industriellen Ordnung galten – etwa in der Wandervogel-Bewegung –, suchten die Musizierenden nun nach stabileren, strukturierteren Formen des Zusammenspiels. Dennoch bewahrte sich der Verein „Margherita“ einen Hauch dieser ursprünglichen Ungezwungenheit: Regelmässige Bergwanderungen, Passfahrten und Ausflüge – etwa nach Titisee oder Venedig – zeugen vom Gemeinschaftsgeist und den neuen Möglichkeiten der Zeit.

Bereits zwischen 1921 und 1925 bestand eine eigenständige Jugendformation. Ab 1928 engagierte sich Werner Wangler intensiv in der Nachwuchsförderung – sowohl im Jugendchor der „Margherita“ als auch im privaten Instrumentalunterricht für Mädchen und Jungen.

Im selben Jahr reagierte der Verein auf die wachsende Konkurrenz durch das „Mandolinen-Orchester Amica“ in Luzern (bis mindestens 1965 aktiv) und benannte sich in Mandolinen-Orchester der Stadt Luzern (MOL) um – in der Hoffnung, mit einem professionelleren Auftritt auch die Anerkennung anderer städtischer Orchester zu gewinnen.

Ein Höhepunkt dieser Entwicklung war das grosse Konzert des Internationalen Verbands für Mandolinen-Musik im Jahr 1931 in Luzern. Neben dem MOL, seinem Jugendchor und dem Orchester Amica nahmen auch die Mandolinen-Klubs aus Gerliswil und Kriens teil – ein deutliches Zeichen für die wachsende Beliebtheit der Zupfmusik in der Region. Auch schweizweit war ein regelrechter Boom zu beobachten: Neue Mandolinenorchester entstanden unter anderem in Baar (1924), Basel (1912), Bellinzona, Bern (1922), Bulle, Dübendorf (1951), Genf (1893), Glarus, Langenthal (1926), Lausanne, Lugano, Männedorf, Rapperswil-Jona (1920), Rheinfelden, Riehen, Solothurn (1942), St. Gallen, Thun, Uznach, Vacallo (1926) und Zürich (1910 und 1917).

Blühendes Konzertleben
und künstlerischer Austausch ab 1950

Seit den frühen Jahren der «Margherita» – später MOL – gehörten kurze Theaterstücke oder Komödien, aufgeführt von den eigenen Mitgliedern, fest zum Programm. Diese Darbietungen bildeten jeweils den zweiten Teil der Konzerte und wurden bald durch regelmässige Auftritte des Jugendorchesters ergänzt.

 

Die Jahreskonzerte im grossen Saal des Hotels Union sowie die beliebten Sommerkonzerte auf der Terrasse des Château Gütsch entwickelten sich rasch zu kulturellen Höhepunkten im Luzerner Nachkriegsleben. Im Anschluss sorgten professionelle Tanzbands oft bis in die frühen Morgenstunden für ausgelassene Stimmung.

​Unter der Leitung von Werner Wangler und Konzertmeister Alois Leeb an der Mandoline erreichte das Orchester in den 1960er- und 1970er-Jahren ein beeindruckendes technisches und künstlerisches Niveau. Dies zeigte sich nicht nur in erfolgreichen Teilnahmen an Wettbewerben und Festivals, sondern auch in über drei Dutzend Aufnahmen für Radio DRS. Konzertreisen führten das Ensemble in dieser Zeit unter anderem nach Como, Besançon, Mannheim, Wien, Paris, Brescia, Bonn, Berlin, Kopenhagen, Budapest und London. In den 1980er- und 1990er-Jahren setzte sich diese internationale Präsenz mit Auftritten in Baden-Baden, Prag und Wien fort. Nach einer längeren Pause nahm das ZOL im Mai 2023 wieder an einem internationalen Mandolinenfestival teil – diesmal in Venedig.

Das MOL bzw. ZOL trat regelmässig mit renommierten Künstlerinnen und Künstlern auf. Zu den Mandolinensolist:innen zählten unter anderem Edith Bauer-Slais (1965), Nino Catania (1950, 1960), Yasuo Kuwahara (1982), Silke Lisko (2008), Takashi Ochi (1975), Detlef Tewes (1985), Kizo Sakakibara (1974) und Marga Wilden-Hüsgen (1983). An der Gitarre begeisterten u. a. Rico Antonelli (1984, 1985, 1987, 1988, 1990), José de Azpiazu (1959), Peter Feider (1952, 1956), Rupert Gehrmann (2011), Adrian Huser (2002, 2012), Hanspeter Isaak (1956, 1961, 1965, 1973, 1980), Hans-Peter Jäggi (1980, 1982), Lolik Levy (1963), Thomas Scharkowski (1983), Anton Stingl (1958), Luise Walker (1955) und Ruedi Wangler (1956, 1959, 1967, 1972).

Mandoline im Umbruch – Spieltechnik, Repertoire und Selbstverständnis im Wandel

Bereits in der Zwischenkriegszeit zeichnete sich in Deutschland und Österreich ein wachsendes Interesse an der historischen Spielweise der Mandoline ab – eine Entwicklung, die nach dem Zweiten Weltkrieg auch in der Schweiz an Bedeutung gewann. Die von Hanny Heller geleistete Ausbildung des Luzerner Orchesternachwuchses ergänzten Emmy Wangler und Alois Leeb um die neuen Unterrichtsmethoden. In der nächsten Generation setzten sich Lehrpersonen wie Ruth Gygax, Heidy Leeb und Jeannette Vogt besonders intensiv mit der Geschichte des Instruments und seiner Spieltechnik auseinander.

Ein zentrales Element dieser Rückbesinnung war die Abkehr vom romantisch geprägten Tremolo, das ursprünglich den weichen, fliessenden Klang von Streichinstrumenten imitieren sollte. Stattdessen rückte der klare Einzeltonanschlag in den Fokus – inspiriert von barocken Spieltechniken.

Diese stilistische Neuausrichtung spiegelte sich auch im Repertoire wider: wie andere Mandolinenorchester begann auch das MOL, Werke aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert in ihre Programme aufzunehmen – darunter Kompositionen von Antonio Vivaldi, Georg Friedrich Händel, Domenico Scarlatti, Wolfgang Amadé Mozart, Ludwig van Beethoven und Johann Nepomuk Hummel. Gleichzeitig fanden auch zeitgenössische Werke für Zupforchester grossen Anklang. Insbesondere in Bearbeitungen des Wiener Prof. Vinzenz Hladky fanden regelmässig Kompositionen von Hans Gál, Henryk Hubertus Jabłoński, Alfred Uhl oder Hans Zwillings Eingang in die Konzertprogramme des MOL.

Mit dem gewandelten Selbstverständnis ging auch eine neue Gewichtung innerhalb des Orchesters einher: Die Gitarre erhielt eine zentralere Rolle im Klangkörper. Dieser Entwicklung trug der Verein 1986 Rechnung – mit der Umbenennung in Zupforchester Luzern (ZOL).

Profil und Repertoire - Heute

Das Zupforchester Luzern hat sich in den letzten Jahren bewusst von den engen Grenzen der historisch informierten Aufführungspraxis gelöst. Gespielt wird, was inspiriert, begeistert und musikalisch herausfordert – unabhängig von Genre oder Epoche.

So bringt das Orchester regelmässig zeitgenössische Werke zur (Ur-)Aufführung und scheut sich nicht vor experimentellen Klängen. Neben der gepflegten Originalliteratur für Zupfinstrumente finden auch Unterhaltungsmusik und folkloristische Stücke aus aller Welt ihren Platz im Programm.

Ob bei festlichen Anlässen – wie dem Luzerner Tag zur Eröffnung des KKL im Jahr 1998 –, in Kooperation mit Chören der Region, bei gemeinsamen Projekten mit anderen Ensembles oder als musikalische Begleitung von Gottesdiensten: Das Zupforchester Luzern zeigt sich vielseitig und offen für neue Klangwelten.

Die Kombination mit anderen Instrumenten wie Akkordeon, Flöte, Hackbrett, Harfe, Orgel, Saxophon oder Gesang – etwa 2023 mit der Jodlerin Silvia Rymann – eröffnet überraschende Hörerlebnisse und unterstreicht die klangliche Vielfalt der Zupfinstrumente.

bottom of page